Safer Sex steht für Schutz vor HIV. So kurz und bündig erklärt es die Deutsche Aidshilfe. Dabei nennt sie drei zuverlässige Möglichkeiten, um Safer Sex zu haben: Kondome bzw. Femidome; Schutz durch Therapie (Medikamente); und PrEP (Prä-Expositions-Prophylaxe). Letzteres ist für die meisten schwulen Männer in deutschen Großstädten mittlerweile Standard. Der Anteil von kondomlosen Analsex liegt bei den regelmäßigen PrEP-Nutzenden 5-fach höher als bei nicht-PrEP-Nutzenden. Ganz aktuelle Zahlen für die regelmäßige Kondomnutzung bei Männern, die Sex mit Männern haben (MSM), konnte ich nicht finden, gehe aber anhand älterer Daten davon aus, dass sie zwischen 60 und 80 Prozent liegt.
Die Motive für Kondomverzicht sind vielfältig und komplex. Sie werden einfühlbar, wenn man bereit ist, sich kritisch mit seinen eigenen Ängsten, Wert- und Moralvorstellungen auseinanderzusetzen.
(Heger, 2023)
Aber es gibt ja noch andere Krankheiten
Diskussionen um die PrEP rufen häufig Kommentare wie „Von anderen STIs hast du wohl noch nichts gehört?“ auf den Plan. Es ist völlig richtig, dass es weitere Infektionen außer HIV gibt. Der Schutz davor fällt jedoch nicht unter die Bezeichnung „Safer Sex“. STI steht für „Sexually Transmitted Infections“. Dazu gehören beispielsweise Hepatitis, Syphilis, Gonorrhoe (Tripper) oder Chlamydien.
Das HI-Virus ist nicht durch Küssen übertragbar. Bei bakteriellen Infektionen sieht das schon anders aus. Konsequenterweise müssten sich MSM dann auch beim Oralsex mit Kondomen schützen. Wer die PrEP einnimmt, ist an regelmäßige ärztliche Untersuchungen gebunden. Dabei wird auch auf STI gecheckt.
Im Interview stellt Kevin Ummard-Berger, Facharzt für Allgemeinmedizin mit dem Schwerpunkt HIV, Sucht und Hepathologie, klar: regelmäßiges Testen auf STI sollte immer der Anspruch sein, egal ob auf PrEP oder nicht. Bei Symptomen ist der Gang in die ärztliche Praxis sowieso klar.
Wie funktioniert DoxyPEP?
DoxyPEP steht für Doxycyclin-Postexpositionsprophylaxe. Dabei wird eine Dosis von 200 mg Doxycyclin innerhalb von 24 bis max. 72 h nach dem Sex eingenommen. Dies senkt laut der Studie von 2022 signifikant das Infektionsrisiko für bakterielle Infektionen. Auch eine tägliche Einnahme des Antibiotikums ist prinzipiell möglich.
Ummard-Berger gibt zu bedenken, dass Antibiotika „keine Bonbons“ seien und jedes Medikament auch Nebenwirkungen mit sich bringe. Außerdem besteht bei der durchgängigen Einnahme eines Antibiotikums die Gefahr von Antibiotikaresistenzen. Am Ende muss man sich fragen, welche Methode am besten zum eigenen Lifestyle passt…
Bakterien bekämpfen mit Desinfektion
Während Corona waren alle voll im Hände waschen- und Maske tragen-Game. Mittlerweile hat das trotz weiterhin hohem Infektionsgeschehen zusehends nachgelassen. Forschungsteams haben sich angeschaut, ob es beim Sex sinnvoll ist, mit Mundwasser zu gurgeln, um STI zu verhindern. Das Ergebnis ist jedoch uneindeutig. Tendenz: Hilft nicht zuverlässig.
Von der Behandlung der Geschlechtsteile mit Desinfektionsmittel rät Ummard-Berger sowieso ab. Einerseits müsstet ihr wenn dann sofort nach dem Kontakt damit ran und andererseits reizt es unnötig die Schleimhäute und kann zu Eichelentzündungen führen. Wer sich an die gewöhnlichen Hygienemaßnahmen hält, ist gut bedient. Am sichersten fährt immer noch, wer genau seinen eigenen Status kennt – und den seines Gegenüber.
Die Befürchtung, dass mit der PrEP die Fälle anderer sexuell übertragbarer Infektionen (STIs) wie Chlamydien, Gonorrhö und Syphilis zunehmen könnten, hat sich nicht bewahrheitet.
(Bericht EvE-PrEP, 2021)
Verantwortungsvoll handeln
Wer sich mit den verschiedenen Schutzmethoden auskennt, ist am besten vorbereitet. HIV ist unter medikamentöser Therapie nicht übertragbar (dafür steht das u=u, falls ihr das schon mal irgendwo gelesen habt; es bedeutet undetectable = untransmittable). Ist der Status nicht bekannt, könnt ihr auf bewährte Safer Sex-Methoden wie Kondome oder die PrEP zurückgreifen.
Es geht nicht darum, andere Menschen zu shamen oder völlig abstinent leben zu müssen, sondern einen verantwortungsbewussten Umgang mit der Sexualität zu finden. Dabei sollte immer das Risiko mit dem bevorstehenden Kontakt abgeschätzt werden. Fragt ruhig nach, auch wenn die Antwort natürlich nicht immer die Wahrheit sein muss. „Wann war dein letzter Test? Wann hattest du zuletzt Sex ohne Kondom? Ich warte noch auf mein Testergebnis. Lass uns gern danach treffen, ok? Welche Safer Sex-Methode sollen wir benutzen?“
Und letztendlich gilt: Falls eine Infektion auftritt oder euch eine Person mitteilt, dass sie ein positives Ergebnis beim Check bekommen hat, geht zum Arzt oder zur Ärztin. Das ist kein Weltuntergang und STI sind i. d. R. gut behandelbar. Lasst euch regelmäßig testen und schaut für ausführlichere Artikel gern in die Quellen unten.
Quellen und Infos:
- Safer Sex Check
- Ich weiß was ich tu
- Aidshilfe
- Adressen und Beratungsstellen
- PrEP – Ergebnisse der halbjährlichen Befragung in HIV-Schwerpunkteinrichtungen
- PrEP in Deutschland und Geschlechtskrankheiten
- EvE-PrEP-Bericht
- „Breed me!“ – Zur Psychologie des Kondomverzichts
- Interview mit Armin Schafberger (dbna)
- HIV-Infektionszahlen Deutschland
- Hepatitis A-Impfung
- Hepatitis B-Impfung
- DoxyPEP-Studie & Infos
- Doxycyclin Nebenwirkungen
- Antibiotika Apokalypse (kurzgesagt Video)
- DoxyPEP aus Pharmazie-Sicht
- Tripper-Prävention durch Mundspülung (Studien)
- Sexual Behaviors of Participants and Partners, 2017-2019 (Michigan)
- Evidence Brief MSM (2013)
- Header-Foto: Ümit Yıldırım