Regenboden Gay Identity Puzzle

Was hat Schwulsein mit Identität zu tun?

Ist schwul sein mehr als Sexualität?

Man könnte ‘schwul’ ganz simpel als Homosexualität unter Männern definieren. In Fachsprache ausgedrückt: die “Ausrichtung des sexuellen Begehrens auf Personen des gleichen Geschlechts.” Damit umfasst die Bezeichnung ‘schwul’ nur die Sexualität bzw. die sexuelle Orientierung.

Aber: Innerhalb der westlichen Kulturen gilt Sexualität als ein fundamentaler Bestandteil des Selbstkonzepts von Menschen. Und das umfasst auch emotionale, intellektuelle, politische sowie spirituelle Aspekte. Das Selbstkonzept besteht aus eigenen Zuschreibungen, Gedanken und Überzeugungen, die wir uns geben sowie deren Bewertung. Zum Beispiel: “Ich spiele gern Videospiele. Ich bin ein Game-Nerd und das mag ich an mir.”

Ihr erinnert euch sicher noch an den legendären Satz von Klaus Wowereit im Jahr 2001:

„Ich bin schwul, und das ist auch gut so!“

– Klaus Wowereit

Wir sammeln sozusagen einzelne Facetten zusammen und integrieren diese dann (im besten Fall) in unser Selbst. Den meisten fällt eine Zuordnung zu bestimmten Kategorien dabei recht leicht. Hier mal eine Übersicht am Beispiel Geschlecht:

Geschlechterradar

Welche Anziehung zu welchem Geschlecht besteht, entscheidet darüber, wie wir unsere sexuelle und/oder romantische Orientierung definieren. Dies wiederum bestimmt, nach welchen Partner*innen wir Ausschau halten, wodurch sich neue Rollen und Gegebenheiten entwickeln können, die letztendlich unsere Identität beeinflussen. So wird zum Beispiel aus “Ich bin ein Single-Tootsie” irgendwann “Ich bin ein schwuler Ehemann und Familienvater”.

Abgrenzung von Stereotypen

Kostas und ich sprechen im Video zum Thema schwule Identität auch über Klischees und Stereotype. Auch als ich auf X/Twitter dazu Anfang des Jahres rumgefragt habe, gab es verschiedene Antworten, aus denen immer wieder Stereotype hervorgingen, wie z. B.

“Weiße Sneaker”, “Taylor Swift”, “Szenegänger, MakeUp, schrill, extrovertiert, etc.”

Wenn man Gay Bingo spielt, würden dann noch weitere Klischees hinzukommen wie “iPhone User”, “auf PrEP”, “ist eher links”, “kann nicht Auto fahren”, “hat eine Pride Flag zu Hause” oder “besitzt viele Zimmerpflanzen”.

Screenshot Tunte im Cafe, RTL

Diese Zuschreibungen stimmen wahrscheinlich in gleich vielen Fällen, in denen sie NICHT zutreffen. Stereotype werden gern von Medien, Filmen und Serien aufgegriffen und bis ins Äußerste verstärkt. Egal, ob es dabei um den Schwulen als “komischen Vogel”, “Tunte im Café” oder “drogenabhängigen Fetisch-Clubber” geht. Von diesen plumpen Bildern fühlen sich einige schwule Männer abgeschreckt und möchten sich distanzieren. Wieviel internalisierte Homophobie dann dahinter steckt, sei mal dahingestellt…

Minderheitenstress

Gays werden zudem oft als “weniger männlich” beschimpft (Was auch immer das heißen soll…?) und immer noch diskriminiert. Wer schwul ist, gehört automatisch einer Minderheit an. Damit einher gehen Hürden, die nur der Minderheit auferlegt werden – und die sie bei ihrer Identitätsbildung beeinflussen können.

Auch das Aufbegehren gegen diese Form der Diskriminierung kann zu Einflussfaktoren unseres Selbst werden. Ein Beispiel dafür sind die Entstehung von schwulen Kneipen, Cafés, Saunen, Aktionsgruppen oder die Schwulenbewegung an sich. Als homosexueller Mann kann man sich durchaus diversen Subkulturen zugehörig fühlen – oder auch nicht.

Man könnte sich ebenso die Frage stellen, welchen Aktivitäten ginge ich nach und wie verliefe mein Alltag, wenn ich nicht schwul wäre?

Puzzleteile zusammenfügen

Während die sexuelle Orientierung für die einen mehr, für andere weniger wichtig ist, bleibt sie trotzdem ein zentraler Bestandteil unserer sexuellen Identität und damit Teil unserer gesamten Identität.

Natürlich ist ein Mensch aber nicht nur sein Sexualleben, sondern es gehören viele weitere Puzzleteile dazu, um ein Gesamtbild zu ergeben.

Quellen und Infos: